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Interview

„Wir bauen in Bern eine vegane Anlaufstelle auf“

Veeconomy ist ein veganes Start-up, das auf Stufe Grosshandel eine Nische besetzt. Nun spannt es mit dem Versandhandel Larada (neu: LOLAvegan) zusammen. Tobias Sennhauser (TIF) sprach mit Theo Favetto, Gründer und Geschäftsleiter von Veeconomy, über die Hintergründe der Fusion sowie die wirtschaftlichen Herausforderungen im veganen Markt.

Text: Tier im Fokus (TIF)

TOBIAS SENNHAUSER: Larada (neu: LOLAvegan) und Veeconomy – wer schluckt hier eigentlich wen? THEO FAVETTO: Wirtschaftlich gesehen ist es Veeconomy, das Larada schluckt. Fakt ist aber, dass Larada eine über 10-jährige Geschichte hat. Veeconomy existiert dagegen gerade mal zwei Jahre. Deshalb sprechen wir nicht von einer „Übernahme“. Das wäre überheblich. Was hat euch zur Fusion bewogen? Für die Fusion spricht eine Kombination von wirtschaftlichen und menschlichen Gründen. Wirtschaftlich gesehen findet innerhalb des veganen Marktes bereits ein Verdrängungskampf statt. Deshalb ist es wichtig, eine kritische Grösse zu erreichen. Ein grosses Anliegen ist ferner, den Lorraineladen LoLa als Sozialfirma zu unterstützen, deren Mitarbeitende den Versand von Veeconomy gewährleisten. Und es spielten auch viele persönliche Gründe mit. Die Geschichte von Larada war allen Beteiligten wichtig. Deshalb boxten wir das Projekt durch, auch wenn externe WirtschaftsberaterInnen davon abrieten. Larada war genossenschaftlich organisiert und nicht gewinnorientiert. Sind diese Zeiten vorbei? Ja, diese Zeiten sind vorbei. Als Unternehmen müssen wir uns allerdings stärker an den KundInnen orientieren als eine Genossenschaft. Wir sind froh über jeden Input. Damit können wir Wissen aufbauen, das wir wiederum für neue Produkte einsetzen können. Wir sind zwar klar wirtschaftlich ausgerichtet, doch der Gewinn fliesst in eigene, vegane Projekte. Diese sollen möglichst vielen Leuten coole Produkte bescheren. Unser Ziel ist der vegane Lifestyle auf breiter Front zu pushen. Migros und Coop bauen derzeit ihr veganes Sortiment massiv aus, auch in kleineren Filialen. Braucht es angesichts der steigenden Verfügbarkeit von pflanzlichen Produkten noch vegane Versandhäuser? Definitiv! Die Grossverteiler können nur den Mainstream bedienen. Sie führen bloss ausgewählte Produkte für die Masse. Es gibt jedoch auch grossartige Spezialitäten – dieser Markt wird immer vorhanden sein. Larada und Veeconomy führen  zusammen hunderte Nischenprodukte, die auf grosses Interesse stossen. Diese werden die Grossverteiler niemals ins Sortiment aufnehmen. Viele vegane Industrieprodukte enthalten Palmöl, das aus ethischer und ökologischer Sicht heftig krisiert wird. Ist das mit dem „nachhaltigen Konsum“, den ihr im Veeconomy-Manifest auf eurer Webseite aufführt, vereinbar? Es stimmt, Palmöl ist problematisch. Für uns bedeutet Nachhaltigkeit in erster Linie pflanzliche Produkte. Wir versuchen immer das Möglichste zu machen. Wir bevorzugen Produkte ohne Palmöl. Aber unser Ideal, 100% palmölfrei zu sein, werden wir wohl nie erreichen. Die meisten Partner von Veeconomy stammen aus der EU. Dabei boomt die Schweizer Soja- und Tofuproduktion. Wäre das nicht eine Gelegenheit – gerade als veganer Grosshändler –, Druck auf die Schweizer Produktion auszuüben und gegenüber der Landwirtschaft eine wachsende vegane Nachfrage zu signalisieren? Absolut! Noch ist die Nachfrage in der Schweiz aber zu klein, weshalb wir derzeit auf den europäischen Markt fokussieren. Wir brauchen den Massenhebel aus Deutschland. Nur so bleiben die Produkte erschwinglich. Unser Ziel ist aber, die Produktion auch vor Ort anzusiedeln. Wir möchten mehr Schweizer Soja und Lupinen wachsen sehen und diese im Inland verarbeiten. Doch dazu braucht es eine kritische Grösse, um Absatzmengen garantieren zu können. Dahinter stecken also triviale wirtschaftliche Interessen. Zurück zur Fusion: Was darf die Kundschaft davon erwarten? Wir bauen hier in Bern eine coole Location auf – eine vegane Anlaufstelle quasi. Es wird ein grösseres Sortiment und einen besseren Kundenservice geben. Und was ich bereits verraten kann: demnächst bieten wir auch ein Beratungsangebot über vegane Ernährung an. Wir werden Vegan in Bern kräftig pushen. Am Donnerstag, 16. April 2015 findet im Berner Lorrainequartier die Ernöffnungssause statt.
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