11
Aktion

Das Abenteuer BEA

An der BEA, eine der grössten Landwirtschaftsmesse der Schweiz, wurde heuer das Heidi-Image der Schweizer Landwirtschaft entzaubert. Möglich machten das dutzende TIF-AktivistInnen, die mit einer Standaktion der Tierindustrie Paroli boten.

Text: Tier im Fokus (TIF)

Lange lag das Vorhaben, einen Stand an der BEA zu mieten, in der Schwebe: würde es gelingen, die saftigen Gebühren zu bezahlen? Wie würde die breit vertretene Tierindustrie auf unsere Präsenz reagieren? Und würden wir, die das Schaffen anderer AusstellerInnen kritisch hinterfragen, überhaupt von der BEA-Messeleitung zugelassen werden? Unsere Skepsis erwies sich als unbegründet. Die Teilnahme an einer der grössten Landwirtschaftsmessen der Schweiz sicherte ein Crowdfunding. Dieses schoss innert weniger Tage über das Ziel hinaus. Die SpenderInnen goutierten damit unser Vorhaben, die heile Welt, wie sie von der Tierindustrie an der BEA verbreitet wird, gezielt zu entblössen.

Ich konsumiere, also bin ich

Die BEA ist ein Mekka der KonsumentInnen. An fast jedem Stand gab es etwas zu kaufen – für einen guten Preis versteht sich. Anders bei TIF. Bei uns gab es nicht nur nichts zu kaufen, wir verschenkten gar Geld an alle, die sich ein 5-minütiges Video zur Tierindustrie anschauen wollten. Das nennt sich „Pay Per View“ und wurde von TIF bereits mehrfach in Bern erprobt. Das Abenteuer BEA war für uns aber eine neue Dimension: 9 Stunden täglich über 10 Tage hinweg, und das bei Regen, Wind und Hitze. Rund 1.000 Personen schauten sich das Video an. Insbesondere über die heissen Auffahrtstage stiegen die Zahlen der ZuschauerInnen.

„Das Video öffnet einem die Augen und das Herz“

Ein Bub von 9 Jahren war der jüngste Zuschauer, eine 75-jährige Rentnerin die älteste. Mit einem Durchschnittsalter von 20 Jahren schauten sich vornehmlich Jugendliche das Video an. Das zeigt eine Umfrage, die von über 400 Personen ausgefüllt wurde. Wahrscheinlich sprach das Konzept „Pay Per View“ die Teenager am meisten an. Die Umfrage beinhaltete neben Angaben der Person auch Fragen zur Ernährung. So testeten wir, ob die ZuschauerInnen bereit wären, vegan auszuprobieren. Das Resultat ist bemerkenswert: knapp 50% wollten vegan eine Chance geben, weitere 30% gaben an, probeweise einen veganen Tag einzulegen. Und ganze 16 respektive 6% wollten sich gar mehrere Tage respektive eine Woche vegan ernähren. Das Video zeigt offenbar Wirkung: wer sich 5 Minuten das Nutztierdasein in der Tierindustrie anschaut, ist offener für Alternativen. Generell reagierten die PassantInnen überaus positiv. „Das Video ist sehr ehrlich und schockierend“, befand eine 16-jährige Schülerin aus Bern. Ein 23-jähriger Student lobte, dass so Aufmerksamkeit erregt und Bewusstsein gefördert werde. „Das Video öffnet einem die Augen und das Herz“, sagt eine 17-jährige Gymnasiastin. Sie alle möchten nun die vegane Ernährung ausprobieren.

TIF als Bauernschreck?

Dennoch gab es auch kritische Stimmen. „Ich muss davon leben“, zischte etwa ein wütender Bauer. Weder wollte er sich das Video anschauen noch wollte er sagen, was er produziert. Ob er tatsächlich glaubt, dass VeganerInnen seine Existenz bedrohen? Der wirtschaftliche Druck der VeganerInnen auf die Tierindustrie ist (leider) winzig. Verantwortlich für das sogenannte Bauernsterben sind vielmehr die Grossverteiler Migros und Coop, die wegen den grossen Mindestbestellmengen den kleinen BäuerInnen den Garaus machen und durch den gegenseitigen Konkurrenzkampf die Preise drücken. Doch es gab auch viele konstruktive Gespräche mit BäuerInnen. „Das Video ist sachlich und nüchtern“, sagte etwa eine Agrarstudentin und Mitglied des Berner Bauernverbands. Ein Schweinemäster meinte pragmatisch: „Derzeit wird Fleisch nachgefragt. Falls sich das mal ändert, werde ich etwas anderes produzieren.“

Interessierte Medien

Die unkonventionelle Aktion bescherte uns eine breite mediale Resonanz. 20 Minuten berichte anfangs über das Crowdfunding und zog schlussendlich ein Fazit, das fast vollumfänglich TIF gewidmet war. Die Bernerzeitung griff die Idee des „Pay Per View“ auf, TeleBärn berichtete über die Meinungsverschiedenheiten mit den BäuerInnen und Radio Bern1 lancierte ein Streitgespräch zwischen einem Jungmetzger und TIF. Besonders erfreulich ist die Berichterstattung im Der Bund. Wir konnten unsere grundsätzliche Kritik am Eigentumsstatus der Tiere und ihrer damit verbundenen systematischen Ausbeutung platzieren. Wir geben uns nicht mit einer verbesserten Haltung oder „Labelfleisch“ zufrieden. Unser Ziel ist letztendlich die Abschaffung der Nutztierhaltung. Der Grund, wieso das Abenteuer BEA derart erfolgreich über die Bühne ging, liegt jedoch nicht an den Medien. Der Erfolg ist auf die 30 HelferInnen, die in drei Schichten täglich 9 Stunden vor Ort präsent waren und sich von Wind, Wetter und wütenden BäuerInnen nicht abbringen liessen. Dazu gehört auch die AG Vegan von TIF, die die StandbetreuerInnen mit Sandwiches, Pizza und Lasagne versorgte. Die BEA 2017 wird vom 28. April bis zum 7. Mai durchgeführt. Der Termin ist provisorisch notiert.
Möchtest du unsere Arbeit unterstützen? Werde TIF-Mitglied oder fördere unsere Arbeit mit einer Spende. Oder du wirst aktiv und kämpfst mit uns für die Tiere und ihre Rechte. DANKE!

So funktioniert „Pay Per View“

Mehr Informationen zur „Pay Per View“-Aktion erhälst du hier.

Weitere TIF-Materialien

Beteilige dich an der Diskussion

3 Kommentare

Ingrid
vor 7 Jahre

Die Landwirtschaft der nicht Biobauern gaukeln uns eine heile Welt vor. Dabei wird die Umwelt von ihnen vernichtet, Insekten und Kleintiere, bunte schöne Blumen mit Heilkraft mit Chemie ausgerottet und auch noch von unseren Steuergeldern bezahlt. Teile unsere Gesellschaft haben den Respekt vor dem Leben verloren und scheinen sich nun auch immer mehr selber zu verlieren. Ein Mensch der ein Tier isst, welches unter schrecklicher Angst und Qualen verendet ist, kann kein gesundes Stück Fleisch sein.
Jedes Tier lebt gerne und möchte nicht getötet werden-kämpft so gut es kann -diesen unfairen Kampf gegen bewaffnete Menschen um für ein paar Franken gegessen zu werden…..
Ich werde euere wertvolle Arbeit immer unterstützen und auch die Menschen in meinem Umfeld aufklären.

Tobi
vor 7 Jahre

danke für die interessante Rückmeldung, Brigitte, und für deine Unterstützung!

Brigitte Herde
vor 7 Jahre

Hallo zusammen
ganz, ganz herzlichen Dank für diese tolle Aktion. Mich ärgert diese Schönwetter-Darstellung der Landwirtschaft schon lange. Eigentlich frage ich mich immer, ob es hierbei nicht sogar um Vortäuschung falscher Tatsachen geht. Während meiner Ausbildung zur Bäuerin,wurde ich ewig als Feindin, da vegan, angeschaut. Bis dieses Umfeld dann eines Tages merkte, dass ich ja eigentlich gar nichts anderes esse, als das was die CH-Bauern und Bäuerinnen auch produzieren. Einfach ausser Fleisch!
Also ich werde eure Aktion 2017 auf jeden Fall wieder unterstützen.

Ähnliche Beiträge

Was für eine Stimmung!
Weiterlesen

Was für eine Stimmung!

Weiterlesen
Schluss damit! BEA-Bauer entscheidet aus der Tierhaltung auszusteigen.
Weiterlesen

Schluss damit! BEA-Bauer entscheidet aus der Tierhaltung auszusteigen.

Weiterlesen
Tierrechte statt Propaganda an der BEA 3.0
Weiterlesen

Tierrechte statt Propaganda an der BEA 3.0

Weiterlesen
Erster «Circle of Compassion» in Bern
Weiterlesen

Erster «Circle of Compassion» in Bern

Weiterlesen
Neuer Besucher*innen-Rekord am Wintergrillfest
Weiterlesen

Neuer Besucher*innen-Rekord am Wintergrillfest

Weiterlesen
Bestelle jetzt selbstgemachte vegane Weihnachtsguetzli
Weiterlesen

Bestelle jetzt selbstgemachte vegane Weihnachtsguetzli

Weiterlesen
Bestelle jetzt selbstgemachte vegane Weihnachtsguetzli
Weiterlesen

Bestelle jetzt selbstgemachte vegane Weihnachtsguetzli

Weiterlesen
TIF goes LOLA
Weiterlesen

TIF goes LOLA

Weiterlesen
TIF an der KULINATA
Weiterlesen

TIF an der KULINATA

Weiterlesen