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Abstimmung

TIF beschliesst Stimmfreigabe für Hornkuhinitiative

Am 25. November 2018 stimmt die Schweizer Bevölkerung über die Hornkuhinitiative ab. Sie will die Zahl der behornten Rinder oder Ziegen erhöhen. Doch die Initiative birgt auch Gefahren.

Text: Tier im Fokus (TIF)

Am 25. November 2018 entscheidet die stimmberechtigte Schweiz über die sogenannte Hornkuhinitiative. Sie fordert, dass der Bund einen finanziellen Anreiz schafft für Bäuer*innen, die ihre Rinder oder Ziegen nicht enthornen. Einerseits ist unbestritten, dass Rinder und Ziegen nicht verstümmelt werden sollten. Andererseits lässt die Initiative vieles offen. Schlimmstenfalls spielt sie sogar der Tierindustrie in die Hände. Wir haben folgende vier Argumente gegeneinander abgewogen, die schlussendlich zur Stimmfreigabe geführt haben:

1. Kühe brauchen Hörner

Heute werden rund 90 Prozent der Milchkühe in den ersten Lebensmonaten enthornt. Lange behauptete die Tierindustrie, die Kühen erlitten damit keinen Schaden. Nun zeigen aktuelle Studien, dass die Enthornung bzw. das Entfernen der Hornanlagen der Kälber zu lebenslänglichen Schmerzen führen kann. Ausserdem dient das Horn der Kuh als Organ zur Wärmeregulierung und als Kommunikationsmittel. Das Horn gehört also unbedingt zur Kuh!

2. Noch mehr Anbindehaltung?

Mit der Hornkuhinitiative droht ein Rückschritt zur Anbindehaltung: Damit die Kühe mit den (neu gewonnenen) Hörnern weder andere Kühe noch ihre Halter*innen verletzen, könnten sie wieder vermehrt angebunden werden. Zwar fordert Initiant Armin Capaul, der seine behornten Kühe in Anbindehaltung hält, das zusätzliche Geld nur für jene Tiere auszuzahlen, die über regelmässigen Auslauf ins Freie verfügen. Doch lässt das der Initiativtext offen. Die vereinigte Bundesversammlung, die die Initiative im Erfolgsfall umsetzt, muss sich in erster Linie am Initiativtext orientieren.

3. Mehr Geld für Milchindustrie

Das Anliegen der Initiant*innen kostet laut eigenen Angaben rund 15 Millionen Franken pro Jahr. Erneut bleibt unklar, woher das Geld für die behornten Tiere kommen soll. Capaul beteuert, so der Tages-Anzeiger, die Höhe der landwirtschaftlichen Ausgaben blieben insgesamt unverändert. Stattdessen könne man die Subventionen reicher Bäuer*innen umverteilen. Aber mehr als ein Vorschlag ist das nicht. Die Kompetenz liegt wiederum bei der Bundesversammlung, die die Initiative umsetzt. Schlimmstenfalls droht gar eine Erhöhung der Subventionen. Das zumindest fordert der Schweizer Bauernverband (SBV) im oben erwähnten Artikel. Mehr noch: Laut dem SBV wird mit der Initiative eine neue Grundlage für die Ausrichtung von Direktzahlungen geschaffen. Tatsächlich umfasst der Initiativtext weit mehr als «nur» Hörner:
«Er [Anm.: der Bund] fördert mit wirtschaftlich lohnenden Anreizen Produktionsformen, die besonders naturnah, umwelt- und tierfreundlich sind.»
Erst danach wird der Initiativtext folgendermassen konkretisiert:
«dabei sorgt er [Anm.: der Bund] insbesondere dafür, dass Halterinnen und Halter von Kühen, Zuchtstieren, Ziegen und Zuchtziegenböcken finanziell unterstützt werden, solange die ausgewachsenen Tiere Hörner tragen.»
Damit würde die Förderung von «besonders tierfreundlichen Stallungen» (BTS), ein umstrittenes Tierwohlprogramm des Bundes, auf Verfassungsebene zementiert. Das widerspricht diametral der Forderung von TIF, die BTS-Gelder (für Masthühner) zu streichen. Auch andere BTS-Haltungen sind alles andere als «besonders tierfreundlich» und sollten keinesfalls mit zusätzlichen Subventionen honoriert werden.

4. Am eigentlichen Problem vorbei

Die Initiative suggeriert fälschlicherweise, dass die Würde der Rinder und Ziegen an ihren Hörnern hängt. Sie verschleiert damit, dass zu einem würdevollen Leben auch eine artgerechte Haltung und – nicht zuletzt – ein Leben gehört. Den Konsumierenden gaukelt die Initiative eine falsche Sicherheit vor. Denn auch behornte Tiere werden ausgebeutet und gewaltsam getötet. Wer sich für das Leben der Kühe einsetzen möchte, dem liefert die Hornkuhinitiative wenig Hilfe. Besser man verändert sich selbst, indem man auf tierliche Produkte verzichtet und vegan lebt (Wir helfen beim Umstieg!). Letztendlich stellt sich auch eine strategische Frage: Kann die Initiative in der Politik zu einem Umdenken führen respektive eine Grundsatzdebatte zum moralischen Status der Tiere in der Landwirtschaft anstossen? Mit dem eingeschränkten Fokus auf Hörner scheint das unwahrscheinlich. Dazu gibt es geeignetere politische Mittel, z.B. die Massentierhaltungsinitiative.
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