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Rezension

„More than Honey“ (Markus Imhoof)

Das Bienensterben ist in aller Munde. Auch der bekannte CH-Regisseur Markus Imhoof will der Sache auf den Grund gehen. In seinem Film wartet er mit spektakulären Bildern auf. Und lässt im Gegenzug zu vieles in der Schwebe. Aber zum Glück gibt es ein Buch zum Film.

Text: Tier im Fokus (TIF)

Markus Inhoof & Claus Peter Lieckfeld, More Than Honey, Porange Press 2012, CHF 29.90

Schon sein Grossvater war Imker. Nun steigt sein Enkel in den Bienenschutzmantel. Der renommierte Schweizer Regisseur Markus Imhoof stammt aus einer bienenaffinen Familie. Das Bienensterben ist ihm deshalb nicht entgangen. Mit dem Dokumentarfilm More than Honey und dem gleichnamigen Buch will er diesem Phänomen auf die Spur kommen.

Inhalt

Das Bienensterben ist eine beunruhigende Tatsache. Denn Bienen sind massgeblich für die Bestäubung der (Nutz-)Pflanzen verantwortlich. Im Winter 2011/12 starben in manchen Kantonen der Schweiz bis zu 70 Prozent der Bienenvölker, landesweit ist von der Hälfte die Rede. Auch in Deutschland hat ein Drittel den Winter nicht überstanden. Die Ursachen sind vielfältig: Insektizide, Milben oder die ominöse Colony Collapse Disorder (CCD) – ein unerklärlicher Zusammenbruch ganzer Bienenvölker.

Noch kann auf das „bee power“ gezählt werden. Ein Bestäubungsunternehmer und Honigproduzent der USA verdient damit kräftig: Seine Bienen sind neben der Honigproduktion in Washington auch für die Bestäubung von Mandelpflanzen in Texas zuständig. Möglich machen es tagelange Transporte. Die Arbeitskraft der Bienen ist dort Kapital eines Weltkonzerns.

Derweil wird in China mancherorts durch Menschen bestäubt: Mühsam klettern sie auf Obstbäumen rum und hangeln sich von Blüte zu Blüte. Wieso? Weil es dort keine Bienen mehr gibt. So könnte die Zukunft aussehen.

Kommentar

Der Film More than Honey glänzt durch phänomenale Nahaufnahmen des kleinsten „Nutztieres“ überhaupt. Während einige ProtagonistInnen bemerkenswert porträtiert werden, macht sich eine subjektive Wahl der Schauplätze bemerkbar. So werden zahlreiche Themen – insbesondere das Bienensterben! – nur Ansatzweise aufgegriffen, anstatt sich auf einen Schwerpunkt zu konzentrieren. Im Buch, das Imhoof mit Claus-Peter Lieckfeld verfasst hat, folgen die schmerzlich vermissten Hintergründe. So werden Monokulturen und Agrargifte der intensiven Landwirtschaft kritisch hinterfragt. Und auch über die Bienenzucht, die anscheinend zu einer massiven Verarmung der genetischen Vielfalt führt, wird nun ausführlich berichtet. Abgerundet wird die Lektüre mit einem „making of“ des Films.

Generell nur angetönt wird Honig als Diebesgut. Wie funktioniert nun die gängige Honigproduktion in Europa? Werden Bienen tatsächlich mit Zuckerwasser vertröstet, damit Menschen sich den hart erarbeiteten Honig aufs Brot streichen können? Angesichts der beeindruckenden kognitiven Fähigkeiten stellt sich ausserdem die Frage: Haben Bienen ein Schmerzbewusstsein und damit moralische Relevanz? Diese Themen bleiben leider grösstenteils unbehandelt.

Fazit

Der Film liefert die Bilder, das Buch die Hintergründe. Wer auf Popcorn und gestochen scharfe Bilder steht, sollte ins Kino gehen. Wer sich jedoch für das Bienensterben oder das „Nutztier“ Hausbiene interessiert, mag sich (zusätzlich) das Buch anschaffen – und ist damit eindeutig besser bedient.

Markus Imhoof (geb. 1941), stammt aus Winterthur und ist ein Schweizer Filmemacher und Drehbuchautor, der besonders in den 1980er Jahren mit Filmen wie „Das Boot ist voll“ (1980) und „Die Reise“ (1986) Aufsehen erregte und zu einem der wichtigsten CH-Regisseure der jüngeren Geschichte avancierte.

Lesen Sie auch unser Tierporträt über die Honigbiene.

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