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Tier-Porträt

Der Schimpanse

Intelligenz, Selbstbewusstsein, Mitgefühl, ja sogar moralisches Verhalten: Es gibt kaum eine menschliche Fähigkeit, die Schimpansen nicht ebenfalls besitzen. Und doch werden sie von uns ausgenutzt und in ihrer Existenz bedroht. Lesen Sie unser Tierporträt vom Monat März.

Text: Tier im Fokus (TIF)

Bis heute ist der Homo sapiens der einzige Vertreter der Gattung Mensch (Homo). Das soll sich nach Ansicht amerikanischer Wissenschaftler aber ändern: Die genetische Übereinstimmung zwischen Menschen und Schimpansen liege bei 99.4 Prozent; bei anderen Tieren sei ein solch hoher Grad an Ähnlichkeit Grund genug, zwei Arten der gleichen Gattung zuzuordnen, argumentieren die GenetikerInnen. Wieso also nicht auch bei den Schimpansen?

Tatsächlich gibt es seit den Experimenten des deutschen Psychologen Wolfgang Köhler zu Beginn des 20. Jahrhunderts unzählige Untersuchungen, welche die enge Verwandtschaft zwischen Menschen und Schimpansen belegen: Intelligenz, Selbstbewusstsein, der Gebrauch von Werkzeugen, ein ausgeprägtes Kommunikationsverhalten, Mitgefühl, ja sogar moralisches Handeln – es gibt kaum eine menschliche Fähigkeit, welche die im mittleren Afrika heimischen Affen nicht ebenfalls besitzen. Von daher erstaunt es nicht, dass EthikerInnen vorschlagen, die „Gemeinschaft der moralisch Gleichgestellten“ auf die Grossen Menschenaffen auszuweiten, zu denen auch die Schimpansen gehören. So fordert das von Paola Cavalieri und Peter Singer 1993 initiierte Great Ape Project (GAP) für diese Tiere grundlegende Rechte wie etwa das Recht auf Leben und Unversehrtheit.

Dass gerade die Ähnlichkeit zum Menschen ausschlaggebend sein soll, um in den Genuss moralischer Rechte zu kommen, ist freilich selbst wiederum problematisch. Davon abgesehen, hindert die Verwandtschaft zur eigenen Art den Menschen offenkundig nicht daran, Schimpansen in ihrem Lebensraum und ihrer Existenz zu bedrohen. Dazu tragen insbesondere die Abholzung der Regenwälder, die Jagd und der illegale Handel mit „Buschfleisch“ (bushmeat) bei.

Auf diese Weise werden die sensiblen sozialen Strukturen der Tiere häufig vollständig zerstört. Schimpansen leben nämlich in patriarchalischen, also von männlichen Tieren dominierten Gruppen von 40 bis 60 Individuen mit festen Hierarchien, die v.a. auch dem Schutz der Nachkommen dienen. Diese werden üblicherweise nach 2 bis 4 Jahren entwöhnt, sie bleiben aber als Einzelkinder bis zum Alter von 7 Jahren bei ihren Müttern und pflegen auch danach oft eine lebenslange, enge Beziehung zu ihnen.

Schimpanse in einem Zoo in der Nähe von Kiel © Shawm

Sie zu einer Fleisch-Delikatesse zu verarbeiten, ist freilich nicht die einzige Verwendung, die der Mensch für seine nächsten Verwandten vorgesehen hat. Sie werden nach wie vor für Tierexperimente verbraucht, sie werden im Zirkus zur Schau gestellt oder auf Tierbörsen gehandelt. Und natürlich sind Schimpansen in fast jedem Zoo der Welt die Hauptattraktion – eine Art der Gefangenschaft, die uns nach Ansicht des Philosophen Dale Jamieson in der wissenschaftlich wie auch moralisch höchst fragwürdigen Ansicht bestärken soll, dass wir Menschen eine Spezies sind, die über allen anderen stehen. Verwandtschaften hin oder her.

Weltweite Population: ca. 150.000 Tiere (stark gefährdet)
Grösse
: männliche Tiere bis 1.7 Meter Höhe, weibliche Tiere bis 1.3 Meter
Geschlechtsreife
: bei männlichen Tieren zwischen dem 7. und 12. Lebensjahr, weibliche Tiere bringen in der Regel mit 12 Jahren ihr erstes Kind auf die Welt (Zwillinge sind selten)
Lebenserwartung
: ca. 45-50 Jahre, in Gefangenschaft bis 60 Jahre

Quellen: Jane Goodall Institute // Great Ape Project (GAP) // Frans de Waal: Primaten und Philosophen (2011)

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